Delegierte feiern 10 Millionen HZV-Versicherte und befürworten verbindliches Primärarztsystem
Der Ausbau eines verbindlichen Primärarztsystems muss für die Bundesregierung gesundheitspolitische Priorität haben. Diese Forderung formulierten die rund 120 Delegierten des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes im Rahmen der Frühjahrstagung, zu der Bundesverband und Landesverband Nordrhein am 9. und 10. Mai nach Köln eingeladen hatten.
„Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD glasklar dazu bekannt, dass sich zukünftig alle gesetzlich Versicherten bei fast allen medizinischen Anliegen immer zuerst an ihre Hausarztpraxis wenden sollen. Das ist eine Mammutreform. Dennoch ist es richtig und zwingend notwendig, diese jetzt anzupacken. Ansonsten werden wir das zunehmende Versorgungschaos in unserem Gesundheitssystem nicht in den Griff bekommen“, erklärten die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Professor Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier sowie die erste Vorstandsvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Nordrhein, Elke Cremer. „Die Frage ist nicht mehr, ob es diese Reform braucht, sondern wie wir sie umsetzen. Der einzig realistische Weg, diese Reform in absehbarer Zeit zu stemmen, ist, auf die Verträge zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) zu setzen.“
Leitantrag: HZV als Primärarztsystem stärken
In einem einstimmig beschlossenen Leitantrag sprachen sich die Bundesdelegierten, darunter auch eine Delegation aus Westfalen-Lippe, dafür aus, die HZV als Primärarztsystem konsequent auszubauen und zu stärken. Ein Primärarztsystem in Deutschland wird ausdrücklich befürwortet. Dieses Primärarztsystem sollte sich vorrangig im HZV-System widerspiegeln. Eine Abschaffung des aktuellen HZV-Systems durch Übernahme in die Regelversorgung lehnt der Hausärztinnen- und Hausärzteverband unter Bezug auf §73b SGB V ab. Ein Primärarztsystem innerhalb des KV-Systems soll sich an die Vergütungssystematik der HZV anlehnen und nicht nur eine Erweiterung des jetzigen EBMs darstellen. Das Modell einer Betreupraxis, in dem gebietsärztliche Praxen die Betreuung und Steuerung von Patienten übernehmen, lehnt der Hausärztinnen und Hausärzteverband ab. Gleichzeitig sollen in den Gremien zusammen mit den gebietsärztlichen Kolleginnen und Kollegen die Schnittstellen definiert werden, die nötig sind um eine gute, erfolgreiche und effektive Zusammenarbeit in der Patientenversorgung zu ermöglichen.
HZV: Zehn-Millionen-Marke geknackt
Der Erfolg der HZV zeigt sich unter anderem in diesem Meilenstein: Sie hat die Marke von zehn Millionen Versicherten geknackt. „Und das Potenzial ist noch riesig“, betonte Buhlinger-Göpfarth. Mit den richtigen politischen Rahmenbedingungen könnten in den kommenden Jahren viele weitere Millionen Patientinnen und Patienten für die HZV gewonnen werden. „HZV ist Zukunft - wir sind eine Erfolgsgeschichte.“ Ob es dem KV-System indes gelinge, in absehbarer Zeit ein vernünftiges Primärarztsystem auf die Beine zu stellen, stehe in den Sternen. „Nach allem, was bisher zu hören war, hält sich die Motivation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, diese Mammutreform anzupacken, in engen Grenzen. Wir können es uns aber nicht leisten, Zeit mit never-ending-Grundsatzdiskussionen zu verplempern. Deswegen sollten Politik und Ärzteschaft jetzt vor allem auf das bauen, was da ist und funktioniert – und das ist die HZV,“ so Buhlinger-Göpfarth weiter.
ePA: Nutzerbefragung begleitend zum Rollout
Auch die weitere Entwicklung der elektronischen Patientenakte ePA wurde von den Bundesdelegierten diskutiert. Bevor die ePA verpflichtend eingeführt werde, müssten zentrale Anforderungen wie Datensicherheit, technische Stabilität und Nutzerfreundlichkeit zuverlässig erfüllt sein, heißt es in einem der beschlossenen Anträge. Eine Nutzerbefragung müsse begleitend zum Rollout durchgeführt werden.
Schutz vor Regressen: Neue Zulassungsregelungen bei Impfstoffbestellungen
Mit großer Mehrheit angenommen wurde zudem ein Antrag, in dem unter anderem die Delegierten des Landesverbandes Westfalen-Lippe eine risikofreie Impfstoffbestellung durch neue Zulassungsregelungen forderten: Regressforderungen wie im Fall des Pneumokokken-Impfstoffes Apexxnar dürften sich nicht wiederholen. Die Bundesregierung müsse eine Regelung erlassen, nach der Arzneimittel direkt nach der Stiko-Empfehlung auch einsetzbar seien. Überflüssiger Bürokratismus müsse abgeschafft werden.
Einen Überblick über alle Beschlüsse der Frühjahrstagung gibt es hier
Die Delegation aus Westfalen-Lippe feierte den Meilenstein von 10 Millionen HZV-Versicherten im Rahmen er Frühjahrstagung des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes in Köln. (Foto: HÄVWL)