Landesdelegierte begrüßen Pläne für Primärarztsystem in Deutschland
Die Landesdelegierten des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe begrüßen die Pläne zur Einführung eines verbindlichen Primärarztsystems in Deutschland. Im Rahmen der Landesdelegiertenversammlung am 5. April in Unna sprachen sie sich mit einem Antrag ausdrücklich für ein primärärztliches System aus, das sich vorrangig im System der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) widerspiegeln soll.
„Mit der HZV gibt es bereits seit Jahren ein etabliertes und evaluiertes primärärztliches Versorgungssystem, das nachweislich Vorteile für die Patientinnen und Patienten, die Praxisteams und das Gesundheitssystem im Ganzen bringt“, erklärt Lars Rettstadt, 1. Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe. „Das ist ein riesiger Vorteil: Die HZV ist schon da. Sie ist erfolgreich. Und sie funktioniert!“ Eine Abschaffung des aktuellen HZV-Systems durch Übernahme in die Regelversorgung lehnt der Hausärztinnen- und Hausärzteverband Westfalen-Lippe unter Bezug auf §73b SGB V ab.
„Primärärztlich heißt hausärztlich“
Ein Primärarztsystem innerhalb des Systems der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) soll sich nach Meinung der Landesdelegiertenversammlung an die Vergütungssystematik der HZV anlehnen und nicht nur eine Erweiterung des jetzigen Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) darstellen. Das Modell einer Betreupraxis oder Bezugspraxis, in denen gebietsärztliche Praxen die Betreuung und Steuerung von Patientinnen und Patienten übernehmen, lehnt der Hausärztinnen- und Hausärzteverband Westfalen-Lippe ab. „Primärärztlich heißt hausärztlich. Die Steuerung der Patientinnen und Patienten im oft unübersichtlichen Gesundheitssystem ist absolut sinnvoll – und sie ist unsere Aufgabe. Die Hausärztinnen und Hausärzte mit ihren Teams sind die ersten Ansprechpersonen der Patientinnen und Patienten in Gesundheitsfragen und müssen das auch bleiben“, betont Lars Rettstadt. Es gelte, zusammen mit den gebietsärztlichen Kolleginnen und Kollegen für die Zukunft der Patientenversorgung und Steuerung die Schnittstellen zu definieren, die nötig sind, um eine gute, erfolgreiche und effektive Zusammenarbeit zu ermöglichen.
Zunehmende Gewalt in Arztpraxen: Forderung nach besserem Schutz der Praxisteams
Auch die zunehmende Gewalt in Arztpraxen beschäftigte die Landesdelegierten. Ein Vorfall in einer hausärztlichen Praxis im ostwestfälischen Spenge vor einigen Wochen, bei dem ein Hausarzt von einem Patienten krankenhausreif geprügelt worden war, markiert den bisherigen traurigen Höhepunkt einer besorgniserregenden Entwicklung, mit der sich die Praxisteams in der ambulanten Versorgung konfrontiert sehen. Die Landesdelegierten sprachen sich aufgrund der zunehmenden Gewalt in Arztpraxen in einem einstimmig verabschiedeten Antrag für eine Aufnahme von Praxisteams der niedergelassenen Ärzteschaft in den § 115 StGB aus.
Bislang macht sich strafbar, wer Hilfeleistende wie etwa Beschäftigte der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder der Notaufnahmen durch Androhung von Gewalt oder tätlichen Angriff behindert. „Es kann nicht sein, dass unsere Teams schlechter geschützt sind als andere Gruppierungen. Auch in der ambulanten Versorgung sind wir zunehmend von Gewalt betroffen. Daher muss unsere Berufsgruppe ebenfalls in den Paragrafen 115 Strafgesetzbuch mit aufgenommen werden“, so Dr. Jens Grothues, 3. Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe.
Ausschließlich telemedizinische Angebote sind nachteilig
Ausschließlich telemedizinische Behandlung führt zu sowohl medizinisch als auch wirtschaftlich nachteiligen Effekten. Davon sind die Landesdelegierten des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe überzeugt und fordern klare Regeln, dass telemedizinisch Betreuende nur aus einer Praxistätigkeit, die auch notwendige Nachbehandlungen anbietet, heraus tätig werden dürfen. Ausschließlich telemedizinische Angebote sollen unterbunden werden, heißt es in einem entsprechenden Antrag, der am Samstag verabschiedet wurde.
Zeitnaher und lückenloser Informationsfluss unentbehrlich für gute Patientenversorgung
Medizin ist Teamarbeit – und diese kann nur funktionieren, wenn die Kommunikation innerhalb der Praxisteams, zwischen Praxis- und Klinik-Teams und nichtärztlichen Gesundheitsberufen reibungs- und lückenlos funktioniert. In einem Antrag appellieren die Landesdelegierten des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe an ihre Kolleginnen und Kollegen, „der notwendigen Kommunikation wieder die ihr gebührende berufsordnungsgemäße Aufmerksamkeit zukommen zu lassen“. „Ohne innerärztliche Kooperation gelingt keine gute Patientenversorgung, keine Facharztkompetenz allein kann vollumfänglich versorgen. Aber Kooperation und Delegation brauchen einen geordneten Informationsfluss“, so die Erläuterung. „Durch fehlenden Informationsfluss entstehen erhebliche Störungen der Patientenversorgung. Die Ärzteschaft (und auch die Politik) hat die Notwendigkeit von Patientensteuerung bekräftigt. Zur effizienten Steuerung ist zeitnaher und lückenloser Informationsfluss unentbehrlich.“ Dieser müsse endlich wieder selbstverständlicher Teil und kollegiale Pflicht des täglichen Handelns aller an der Patientenversorgung beteiligten Kolleginnen und Kollegen sein.