Andreas Möllerarnd Über Ungarn in die Familienpraxis“
„Hausarzt sein ist nach wie vor mein Traumberuf“, sagt der 35-jährige Andreas Möllerarnd (Bild). Für den Allgemeinmediziner aus Rheine stand früh fest, dass er Mediziner werden will: „Als Kind wollte ich Arzt und Jäger werden – wie mein Vater.“ Jäger ist er nicht geworden, mittlerweile aber Hausarzt in Rheine.
Die Möllerarnds sind eine richtige Mediziner-Familie. Mutter und Vater Möllerarnd sind seit 1997 erfahrene Hausärzte mit einer eigenen Praxis, in die Andreas Möllerarnd im November 2017 eingestiegen ist. Seine drei Brüder haben sich ebenfalls der Medizin verschrieben: „Meine beiden älteren Brüder sind Fachärzte für Anästhesie. Mein jüngerer Bruder ist gerade mit dem Studium fertig, hat sich aber noch nicht auf eine Fachrichtung festgelegt. Ich habe aber berechtigte Hoffnung, dass er auch Allgemeinmediziner wird.“
Was gefällt Ihnen denn so gut an der Allgemeinmedizin?
Andreas Möllerarnd: „An der Allgemeinmedizin mag ich besonders, dass ich den gesamten Patienten mit all seinen Beschwerden und all seinen Krankengeschichten ein Leben lang betreue.“
Durch die Praxis seiner Eltern hat Andreas Möllerarnd frühzeitig mitbekommen, wie ein allgemeinmedizinischer Betrieb abläuft. Zudem war es ihm wichtig, den Menschen als Ganzes zu behandeln: „„Man behandelt nicht nur ein oder zwei Organe. Der gesamte Körper und auch die Psyche sind im Alltag von Bedeutung. Bei der Allgemeinmedizin konnte ich mir von Anfang an vorstellen, das bis zum Rentenalter und darüber hinaus zu machen.“
Medizinstudium in Szeged/Ungarn
Die Eltern haben ihren Sohn frühzeitig mit ihrer Leidenschaft für die Allgemeinmedizin angesteckt. Doch beinahe hätte ihn der Numerus Clausus auf dem Weg zum Allgemeinmediziner ausgebremst. „Als klar war, dass ich Medizin studieren will, habe ich viel für mein Abitur getan, den nötigen Einser-Schnitt aber knapp verfehlt. Anstatt sechs Jahre lang auf einen Studienplatz in Deutschland zu warten, ging Andreas Möllerarnd wie viele andere Deutsche nach Szeged in Ungarn, um dort Medizin zu studieren.
In Ungarn gibt es statt des NC einen Eignungstest sowie Studiengebühren. Zudem sollten Bewerber unbedingt praktische Erfahrungen in der Pflege ,als Krankenschwester beziehungsweise -pfleger oder im Rettungsdienst vorweisen, um bessere Chancen zu haben, genommen zu werden. „Ich hatte zum Glück vorher einige Praktika im Krankenhaus gemacht.“
Wie würden Sie rückblickend Ihre Zeit in Ungarn bewerten? Nicht jeder kann sich die hohen Studiengebühren leisten.
Andreas Möllerarnd: „Das war schon sehr viel Geld für zwei Jahre. Aber in Deutschland hätte ich sechs Jahre auf mein Medizinstudium gewartet. Das hat sich für mich gerechnet. Ich bin mir aber dessen bewusst, dass sich nicht jeder das leisten kann, und daher auch für die Unterstützung meiner Eltern sehr dankbar.
Generell braucht Deutschland mehr Studienplätze. Zu viele Abiturienten würden gerne mit dem Medizinstudium beginnen, bekommen aber keinen Studienplatz. Wir brauchen mehr Studienplätze für mehr neue Ärzte. Es gibt viele deutsche Medizinstudierende im Ausland, die kommen größtenteils auch wieder nach Deutschland zurück. Aber ich denke der Umweg über das Ausland kann auf Dauer nicht die Lösung sein."
Nach zwei Jahren in Ungarn entschied sich Andreas Möllerarnd dafür, nach Berlin, genauer in die Charité, zu gehen. „Als junger Student wollte ich gerne Großstadtluft schnuppern. Die Charité ist ist eine der größten Kliniken Deutschlands. Fachlich konnte ich dort viel lernen, aber auf Dauer wäre ich in so einem großen Krankenhaus nicht glücklich geworden.“ Nach Berlin ging es für ihn für drei Jahre ans Klinikum Oldenburg, bevor er 2017 in der Praxis seiner Eltern in Rheine einstieg.
„Es macht richtig Spaß, mit meinen Eltern als Kollegen zu arbeiten.“
Es ist ja häufig so, dass Kinder in die Fußstapfen ihrer Eltern treten. Wenn man in die Praxis der Eltern einsteigt, muss man sich auch gut verstehen.
Andreas Möllerarnd: „Man sieht sich in einer Praxis im laufenden Betrieb weniger als ich dachte, weil jeder sein eigenes Sprechzimmer hat. Man hat die Möglichkeit, einen Patienten mal zu zweit anzuschauen und sich gemeinsam Gedanken zu machen. Das ist insbesondere bei schwierigen, kniffligen Fällen hilfreich und das schätze ich sehr. "
"Ich hätte ungern in einer Praxis als „Einzelkämpfer“ gearbeitet"
"Zum Glück ist dies bei uns anders. Wir sind als Team mit insgesamt fünf Ärzten gut aufgestellt. Es macht richtig Spaß mit meinen Eltern, den beiden anderen Kolleginnen sowie mit dem gesamten wunderbaren Praxisteam zu arbeiten. Gemeinsam kann man dann auch größere Hürden wie zum Beispiel die organisatorisch aufwändigen Coronaimpfungen meistern.“
Ihr Weg war ja quasi vorgezeichnet. Wie hätten Ihre Eltern reagiert, wenn Sie einen ganz anderen Weg eingeschlagen hätten?
Andreas Möllerarnd: „Für meine Eltern wäre auch jeder andere Berufswunsch okay gewesen. Als ich als Dritter gesagt habe, dass ich auch Mediziner werden möchte, haben Sie mir zu weiteren Praktika geraten und mich gefragt, ob ich nicht etwas Anderes machen will. Sie haben mir alle Optionen aufgezeigt, von Praktika über Berufsmessen und ich habe sie dann überzeugt, dass ich auf jeden Fall Mediziner werden will. Auch nach sechs Jahren im Beruf bereue ich die Entscheidung bisher nicht.“
„Ich habe einen Weg gefunden, dass ich eine geregelte Work-Life-Balance habe.“
Andreas Möllerarnd hatte gegenüber vielen anderen Kollegen den Vorteil, dass er in eine Praxis einsteigen konnte, die seit mehr als 20 Jahren gut läuft. „Ich weiß nicht, ob ich mich getraut hätte, mich selbst niederzulassen. Da sind in meinen Augen viele bürokratische Hürden.“ Die Abrechnung allein nimmt einen großen Teil der Zeit ein. „Ich würde viel lieber mehr am Patienten arbeiten, muss aber jetzt zusehen, wann ich den Rest erledige, entweder vor oder nach den Sprechstunden.“ Trotz dieser Hürden genießt es Andreas Möllerarnd, dass er in der Praxis sein eigener Herr ist und selbst bestimmen kann, wann er arbeitet oder sich auch einmal freinimmt. „Ich habe einen Weg gefunden, dass ich eine geregelte Work-Life-Balance habe“, sagt der Vater von zwei kleinen Söhnen.
Jungen Kollegen würde er raten, in einer allgemeinmedizinischen Praxis zu hospitieren, um hinter die Kulissen schauen und zu gucken, ob die Allgemeinmedizin etwas für einen ist. „Ich glaube, dass dann Viele positiv überrascht sein werden.“
Was sollte man mitbringen, um ein guter Hausarzt zu sein?
Andreas Möllerarnd: „Als Hausarzt sollte man sich auf jeden einzelnen Patienten einlassen können, zuhören und wenns nötig ist, sich gegebenfalls auch sprachlich anpassen können und viel Verständnis auch für kleinere Beschwerden mitbringen.“
„Man freut sich bei jedem positiven Ereignis der Patienten mit.“
Was war bisher Ihr schönstes Erlebnis in Ihrer Zeit als Allgemeinmediziner?
Andreas Möllerarnd: „Ich schätze es sehr, dass man regelmäßig ein schönes Feedback von den Patienten bekommt.
Man freut sich bei jedem positiven Ereignis der Patienten mit. Ich hatte beispielsweise ein Pärchen in meiner Praxis, das viele Jahre versucht hat, Nachwuchs zu bekommen und irgendwann haben sich die beiden gemeldet, dass die Frau schwanger ist.“
Andreas Möllerarnd ist Hausarzt aus Leidenschaft. Die Begeisterung für die Medizin hat er von seinen Eltern geerbt. Mittlerweile ist die ganze Familie „infiziert“. „Bei uns dreht sich schon vieles um die Medizin“, sagt Andreas Möllerarnd und schmunzelt. „Das ist sicher auch einer der Gründe, warum alle vier Jungs im Hause Möllerarnd in die Medizin gegangen sind.“
Andreas Möllerarnd
- Als Hausarzt in Rheine tätig
- Verheirateter Vater zweier Söhne
- ist im November 2017 in die Praxis seiner Eltern miteingestiegen und seit 2020 Facharzt für Allgemeinmedizin mit Weiterbildungsermächtigung
- die Praxis in Rheine ist auch Weiterbildungspraxis, aktuell ist die vierte Weiterbildungsassistentin beschäftigt
- Medizinstudium von 2006 bis 2008 in Szeged/Ungarn
- Nach dem Physikum ging es für Andreas Möllerarnd an die Charité in Berlin
- Von 2014 bis Herbst 2017 war er in der Inneren im Klinikum Oldenburg tätig